Serielle Episoden

Galerie Oberwelt e.V.,Reinsburgstr.93, 70197 Stuttgart
Dezember 2023

Das Handwerk ist ein Ausgangspunkt der Kunst von Ute Fischer-Dieter. Durch intuitives Abrufen von Erlerntem und dem aktiven Ausprobieren der Möglichkeiten dessen, was gemeinhin als „gutes Handwerk“ bezeichnet wird, lotet Fischer-Dieter dieses aus. Es ist eine performative Herangehensweise, bei der es nicht darum geht, neue, handwerklich perfekt ausgeführte Objekte herzustellen. In ihrem Schaffen setzt sich die Künstlerin mit der in unserer Leistungsgesellschaft präsenten Vorstellung von Perfektion auseinander. Es gibt kein richtig und kein falsch.
Das wird besonders deutlich beim Herstellungsprozess ihrer Serie „Urnen“. Hier arbeitet Fischer-Dieter auf der Töpferscheibe, welches ein optimal-symmetrisches Ergebnis erwarten lässt, dennoch bezieht sie den Zufall und das Experiment mit ein. Handwerkliche „Fehler“ werden zugelassen und nachgespürt. Als Resultat gleicht kein Stück dem anderen.
Ebenso die Porzellanplatten: Sie werden mit unterschiedlichsten Werkstoffen wie Büttenpapier, alten Stoffresten und Spüllappen geprägt und manipuliert. Generell arbeitet die Künstlerin bevorzugt mit bereits vorhandenen Materialien. Unsere Konsumgesellschaft hat schon so viel hervorgebracht, dass sie möglichst wenig neue Ressourcen verbrauchen will. Ausrangierte Modemagazine werden recycelt, mehrfach mit Siebdrucken überdruckt, wodurch das ursprüngliche Motiv zunächst verweigert, da verdeckt wird. Dabei wird in Kauf genommen, dass sich das Papier, weil es für die Drucktechnik meist viel zu dünn ist, wellt.
Dennoch, alles hat eine zweite Chance verdient. So erklärt sich auch der Titel der Siebdruck-Serie, „Schutzräume – do we have a second chance?“
Allerdings belässt es die Künstlerin nicht beim bloßen Überdecken der Magazinseiten. In einem zweiten Schritt werden die präparierten Seiten durchleuchtet und abfotografiert, wodurch die ursprünglichen Bilder wieder schemenhaft, jedoch überlagert und dadurch neu hervortreten. Auf diese Weise spürt Fischer-Dieter der Kraft und Energie des ehemals aussortierten, vorgefundenen Materials nach und gibt ihm eine neue Existenzberechtigung zurück.
Das Schaffen der Künstlerin wird stets begleitet vom Suchen, Reflektieren, Weitermachen und Hinterfragen. Die Werkgruppen resultieren aus zahlreichen Quellen und Erfahrungswerten mit unterschiedlichen Charakteren. Dennoch ist alles miteinander verwoben, da eines aus dem anderen entsteht.

Text, Dr. Judith Knippschild
Fotos, Florian Model